"Die Fehlerproduktion läuft weiter!"

(Uwe Danker, Nils Köhler, Eva Nowottny, Michael Ruck (Hg.), Zwangsarbeitende im Kreis Nordfriesland 1939 - 1945. Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte, 2004. 407 S. (IZRG - Schriftenreihe Band 12).

Rezension von Rolf Schwarz

 

Mit dem Buch "Zwangsarbeitende im Kreis Nordfriesland 1939 - 1945" legt das IZRG eine weitere Publikation zu dieser Thematik vor. Angeregt wurden die Untersuchungen durch einen Beschluss des Kreises Nordfriesland im Sommer 2002, der anschließend das IZRG mit der Durchführung beauftragte. Bedauerlicherweise fand aber keine Untersuchung statt, ob und inwieweit die Kreiseinrichtungen in Nordfriesland vom System der Zwangsarbeit profitierten.  

Bereits das Vorwort fällt durch erhebliche Defizite auf. Michael Ruck und Uwe Danker führen aus: "Die Vergabe des Gutachtens erfolgte auf der Grundlage von Beschlüssen, die der Kreistag des Kreises Nordfriesland am 13. Juli und 31. August 2002 gefasst hat. Damit zog der Kreis als erster in Schleswig-Holstein - neben der Stadt Flensburg, für die das IZRG 2002 ein solches Gutachten erstellt und publiziert hat - eine Konsequenz aus jenen Diskussionen um die so genannte 'Entschädigung'[..]" (S.7).

Erster Kommentar: Der Kreis zog nicht "als erster in Schleswig-Holstein" die Konsequenzen aus der sogenannten Entschädigungsdebatte. Bereits im Jahr 2000 gab es eine entsprechende Initiative des Kreises Rendsburg/Eckernförde und eine diesbezügliche  Berichterstattung in der Presse.

Zweiter Kommentar: Interessant ist die veränderte Formulierung zum Beschluss der Stadt Flensburg. Im Vorwort des Buches zur Zwangsarbeit in Flensburg hatte das IZRG noch behauptet, dass die Stadt Flensburg die bisher einzige Kommune in Schleswig-Holstein gewesen sei, die diese Geschichte aufarbeiten ließ. Lübeck beschloss dies aber bereits 1994. Nach entsprechenden Kritiken (siehe hier) erfolgt jetzt die obige Aussage, die wiederum falsch ist. Der Beschluss der Stadt Flensburg erfolgte im Februar 2001. Die Städte Kiel (im Januar 2000) und Rendsburg (im Februar 2000) haben ihre Beschlüsse nicht verschwiegen. In der Kritik am Vorwort des Flensburgbuches und in zahlreichen Zeitungsartikeln wurde  auf die beiden Entscheidungen hingewiesen. Im Geleitwort des Buches zur Zwangsarbeit in Kiel (hier finden Sie eine Pressenotiz) wird erneut  der Januar 2000 genannt. Auf diese Publikation macht Danker im Buch zur Zwangsarbeit in Nordfriesland sogar aufmerksam.

Sind Michael Ruck und Uwe Danker dermaßen ahnungslos über den Forschungsstand und die Forschungsaktivitäten in Schleswig-Holstein oder hat wieder einmal der Zwang zur Selbstdarstellung und die damit verbundene Unehrlichkeit gesiegt?

Wie bei den vorherigen Veröffentlichungen enthält der Band Aufsätze verschiedener Länge und Qualität. Das Buch beginnt mit einer Einleitung bzw. Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse  von Michael Ruck und Uwe Danker, die leider mehr verspricht, als die einzelnen Beiträge anschließend präsentieren.

Bevor die verschiedenen Autoren einzelnen Aspekten der Zwangsarbeit nachgehen, versucht Uwe Danker mit   "Ausländer im nordfriesischen 'Arbeitseinsatz' 1939 bis 1945: Zahlen, Daten, Fakten" (S. 23 - 86) einen statistischen Überblick zu geben. Er wiederholt und bietet aber in  diesem Aufsatz dermaßen viele Fehler, dass hier nur eine Auswahl kommentiert werden kann.

Auf Seite 39 behauptet  Danker erneut, dass der "absolute Höhepunkt der registrierten und statistisch ausgewiesenen Ausländer- und Zwangsbeschäftigung in Schleswig-Holstein" mit 186.363 Ausländern, darunter 64.676 Kriegsgefangenen, in die Zeit des Jahreswechsels 1943/44 fällt. Diese Angabe ist  jedoch falsch, da hier die weit über 20.000 in Hamburg beschäftigten Kriegsgefangenen für Schleswig-Holstein mitgezählt werden.

Bis zum 1.4.1943 wurden die Kriegsgefangenen, die in Hamburg beschäftigt waren, vom Stammlager XB verwaltet. Nun war das Stammlager XA aus Schleswig für die  Hamburger Kommandos verantwortlich. Die Kriegsgefangenenzahl des Stammlagers XA erhöhte sich dadurch von 37.423 auf 45.923. Im Arbeitseinsatz befanden sich hiervon 44.964. Die Zahl der beschäftigten Kriegsgefangenen sank dann bis zum 1.10.1943 auf 40.577, während die Gesamtzahl aller Kriegsgefangenen im Stammlager XA auf 46.178 stieg. Bis zum Jahresende wurden in Schleswig-Holstein und Hamburg durch das Arbeitsamt Kriegsgefangene neu in Arbeitsplätze vermittelt oder einer anderen Beschäftigung zugewiesen.

 

Zeitraum Einweisungen in SH Einweisungen in HH Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz Datum
Sept. 1943 278 3.857 40.577 1.10.1943
Okt. 1943 4.429 10.245 unbekannt 1.11.1943
Nov. 1943 1.109 1.171 61.597 1.12.1943
Dez. 1943 unbekannt 2.329 64.067 1.1.1944

Die Tabelle belegt, dass keine 64.067 Kriegsgefangenen zum Jahresende in Schleswig-Holstein arbeiteten. Die obigen Zahlen kennt auch Danker, trotzdem versucht er durch ständige Wiederholung, seine falsche Aussage in der Forschung zu etablieren. Es geht ihm nicht um die Wahrheit. 

Die nachgewiesene Höchstbeschäftigung lag dagegen mit rund 169.000 Ausländern im September 1944. Auch die Branchenverteilung (Diagramm 3, S. 40), deren genaue Beschreibung sich im Buch "Ausländereinsatz in der Nordmark" (S. 46, Anmerkung 32) befindet, basiert auf  fehlerhaften Annahmen. Nach Dankers Definition gehören u.a. der Bergbau (Wirtschaftszweig Nr. 3) in die Landwirtschaft und das Friseurgewerbe (Nr. 54) zum Öffentlichen Dienst. Dass Danker bereits im Jahre 2002 auf diese Irrtümer hingewiesen wurde, sei hier erwähnt.  

Die Liste der Unzulänglichkeiten findet ihre Fortsetzung (S. 30f) in der Behauptung, der Arbeitsamtsbezirk Flensburg würde "(vor und nach der Arbeitsamtsbezirksreform 1943) ..... neben den Kreisen Südtondern und Husum auch den Stadtkreis und Landkreis Flensburg sowie den Kreis Schleswig" umfassen. Tatsächlich bildeten die Kreise Schleswig und Eckernförde (jeweils mit Ausnahme einiger Gemeinden) bis zum November 1943 einen eigenen Arbeitsamtsbezirk.

In der Erklärung zum  Diagramm 5 "Fremdarbeiter in AA-Bezirken Flensburg und Heide 1941 -1944" (S. 44f) konstatiert Danker erkennbare Ausbauphasen der Ausländerbeschäftigung: "eine bis Mitte 1942 und eine zweite zwischen Sommer 1943 und 1944." Die Ursachen hierfür liegen nach Danker in  den  "Erwägungen der militärischen Sicherheit". Seine Erläuterungen hierzu sind oberflächlich und nicht schlüssig.  

Bezüglich der "Zonenregelungen", die Bestimmungen über den Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern enthielten, verschweigt Danker, dass es neben der "roten" und "grünen" Zone ebenfalls eine "weiße" und Ausnahmeregelungen vom Beschäftigungsverbot gab, die beschrieben werden müssten. Zur angeblich zweiten Ausbauphase liefert er keine Begründung, die wohl auch schwerlich zu finden ist, sondern ursächlich auf die Vergrößerung des Arbeitsamtsbezirks (AA) Flensburg durch Teile des ehemaligen Arbeitsamtes Schleswig zurückzuführen ist. In der folgenden Tabelle wird deutlich, dass die Angaben für Schleswig anfänglich nicht berücksichtigt wurden.

Beschäftigte Ausländer ohne Kriegsgefangene

Zeitraum Angaben Dankers AA Heide AA Flensburg AA Schleswig Schleswig-Holstein
Januar 1941 5.241 3.043 2.198 2.412 34.682
Juli 1942 14.146 6.971 7.175 7.058 99.693
Juni 1943 17.999 8.456 9.543 9.201 121.915
Sept. 1944 28.845 10.437 18.408 aufgelöst 134.167

Zusätzlich ergibt eine Betrachtung der Beschäftigtenzahlen das Gegenteil von Dankers These einer verspäteten Partizipation am Arbeitseinsatz der Ausländer. Bezogen auf die vergleichbaren Zahlen vom Juni 1943 ergibt sich für die von ihm konstruierte  "Nord - West Region" mit 29,1% im Januar 1941 ein höherer Anteil an Ausländern als in Schleswig-Holstein mit 28,4%. 

Außerdem sei angemerkt, dass die Bildung der "Nord - West Region" für eine Untersuchung zum Kreis Nordfriesland aus vielfältigen Gründen methodisch unsinnig ist und die Überlegungen des Autors zur Partizipation an den Realitäten vorbeigehen.

1.      Der jetzige Kreis Nordfriesland hätte nach der Volkszählung von 1939 rund 112.000 Einwohner besessen. Die Vergleichszahlen für Dankers "Nord - West Region" betragen etwa 314.000 und im Jahre 1944 durch die Vergrößerung des Arbeitsamtsbezirkes Flensburg ca. 400.000 Einwohner.

2.      Die Beschäftigungsverhältnisse zwischen den Arbeitsamtsbezirken Heide und Flensburg unterschieden sich beispielsweise anlässlich der Arbeitsbucherhebung 1941 erheblich. Heide besaß prozentual die höchste Ausländerbeschäftigung und Flensburg - ohne Berücksichtigung der sogenannten Grenzgänger (siehe Punkt 4) - die niedrigste in Schleswig-Holstein.

3.      Die Einsatzgebiete der beschäftigten Ausländer unterschieden sich in beiden Arbeitsamtsbezirken deutlich. Für Flensburg lässt sich im Bereich der Landwirtschaft eine unterdurchschnittliche Beschäftigung ermitteln, während es in Heide genau umgekehrt zutrifft. Weitere Unterschiede aus der Arbeitsbucherhebung 1941 befinden sich hier und selbst 1944 traten Differenzen auf.

4.      Der Bereich des Arbeitsamtes Flensburg war der einzige Bezirk in Schleswig-Holstein, in dem im Herbst 1941 dänische Grenzgänger beschäftigt wurden. Diese Grenzgänger besaßen nur teilweise ein Arbeitsbuch und fehlen somit in den von Danker genannten Zahlen aus der Arbeitsbuchstatistik. Wo bleibt die notwendige Untersuchung zum Arbeitseinsatz dieser Dänen? Welche Unterschiede gab es hierbei zwischen sogenannten "Reichsdänen" und "Volksdeutschen" aus Nordschleswig? 

All diese Differenzen und damit verbundenen besonderen regionalen Entwicklungen verwischt Danker durch die Bildung der "Nord - West Region" und offenbart, dass er hinter dem Kürzel IZRG das Institut zur Zerstörung Regionaler Geschichtsforschung vermutet. 

Obwohl bereits 1985 von Horst Peters in seinem Beitrag "Einsatzort Neumünster" im Sammelband "Verschleppt zur Sklavenarbeit" (S.122) und im "Blickpunkt" vom 14.5.1997  für Elmshorn mit anderen Methoden die Alterszusammensetzung der Ausländer ermittelt wurde, spricht Danker von den  "nur mit unserer Arbeitsweise feststellbaren Alterskohorten" (S. 52). Ihm unterlaufen bei seinen Berechnungen allerdings zahlreiche Fehler: In Husum und Umgebung (Diagramme 28 - 30, S. 62f) sollen sich 349 Fremdarbeiter aufgehalten haben. Die Summe der Männer und Frauen ergibt jedoch 343 Personen und das Ergebnis der Alterskohorten beträgt 332 Menschen. Auch in anderen Diagrammen tauchen wiederholt Unstimmigkeiten auf.

Bei all den Fehlern fällt die unbewiesene Behauptung zur Ausländerbeschäftigung auf Föhr, sie steige für Schleswig-Holstein "untypisch bis zum Kriegsende ...... an" (S.54), obwohl es keine entsprechenden Zahlen für Schleswig-Holstein ab September 1944 mehr gibt, kaum  mehr ins Gewicht.

Die falsche Überschrift zum Diagramm 8 mag man verzeihen, aber dass die "Gräberliste für öffentliche gepflegte Gräber" von 1974 (S. 74) angeblich lediglich Ausländer und alliierte Piloten verzeichnet, spiegelt völlige Unkenntnis wider.

Durch einen kurzen Blick in die entsprechende Namenliste, in Friedhofsunterlagen oder in das Buch "Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 -1945" von Irene Dittrich hätte sich ermitteln lassen, dass  auch Gräber von Deutschen dazugehören.

"Nach einer Gräberliste von 1974 ist auf dem Friedhof St. Nicolai in Wyk ein sowjetischer Kriegsgefangener bestattet, der im August 1942 starb. Nach Unterlagen der britischen Besatzungsbehörden waren ehemals noch mehr Opfer des Krieges hier bestattet: 10 britische Militärangehörige, die wahrscheinlich nach Kiel umgebettet wurden, eine namentlich bekannte Frau und zwei Männer aus der Sowjetunion. Sie starben im März und November 1945 und im Februar 1946 im Alter zwischen 34 und 47 Jahren" (Dittrich, S. 132). Danker verkündet, dass angeblich 78 Ausländer oder alliierte Piloten in Wyk/Föhr beerdigt wären.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch Gräber toter Soldaten des I. Weltkrieges unter die Bestimmungen für öffentlich zu pflegende Gräber fallen können. (Hier finden Sie einen Zeitungsbericht über die Gräber in Wyk.) 

Die im Anschluss an diesen von wenig Sachkunde zeugenden Aufsatz folgenden Beiträge werden nur kurz angesprochen und am Schluss einer gemeinsamen Bewertung unterzogen. 

Eva Nowottny (S. 87 - 117) äußert sich anhand schriftlicher Quellen zu den Motiven der Behörden, der Bevölkerung und der Zwangsarbeitenden. Sie betont, dass die Unterlagen das Verhalten der Bevölkerung und Zwangsarbeitenden nur lückenhaft erfassen.

Mandy Jakobczyk, Eva Nowottny und Astrid Schwabe (S. 118 - 170) beschäftigen sich am Beispiel von Interviews mit Kindern ehemaliger Arbeitgeber mit dem Erkenntniswert von Zeitzeugenaussagen. Der Beitrag wird ergänzt durch die kommentierten Erinnerungen (S. 171 - 178) eines polnischen "Fremdarbeiters". Der Aussage, dass die Zeitzeugeninterviews "die durch Akten dargestellte Verwaltungsperspektive" ergänzen und gegebenenfalls korrigieren können (S. 122), kann nur zugestimmt werden. Nur, warum verzichtet das IZRG angesichts dieser Möglichkeiten auch diesmal auf eine systematische Erfassung und Befragung ehemaliger Zwangsarbeiter? 

Michael Dahl widmet sich Fragen der Krankheit und Zwangsarbeit (S. 179 - 200) und nähert sich über allgemeine Erlasse der Situation in Nordfriesland, während Claudia Trüter (S. 201 - 219) die Akten des Sondergerichts Kiel zur Frage des verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen auswertet.

Nils Köhler, "Das Schicksal der 'Ausländerkinder' in Nordfriesland - eine historische Recherche" (S. 220 - 239), begibt sich auf die Spuren der in Unterlagen u. a. des ITS gefundenen Hinweise auf Geburten und mögliche Entbindungs- und Unterbringungsstätten für Zwangsarbeiterkinder. Vorsichtig wertend beschreibt er drei Einrichtungen im Untersuchungsgebiet. 

Arne Bewersdorff (S. 240 - 270) befasst sich mit Zwangsarbeitenden im Deichbau und Küstenschutz. Beginnend mit den Planungen für Landeskulturarbeiten ab 1933 bearbeitet er schwerpunktmäßig das im Ort Broweg gelegene Lager. Ihm gelingt durch die Kombination der von Gerhard Hoch publizierten Aussagen des früheren Kriegsgefangenen A. Gauthier und den gefundenen Akten eine anschauliche Schilderung der dortigen Lebensumstände. Kritisch angemerkt sei, dass sich angeblich "anhand des Lagers Broweg ... ein näherungsweises Bild von den Lebensumständen" (S. 268) der Kriegsgefangenen in Nordfriesland rekonstruieren ließe. Für diese Aussage fehlen die Belege.

Fiete Pingel und Thomas Steensen liefern (S.271 - 293) einen an der Literatur orientierten, gut lesbaren und strukturierten Überblick über die Geschichte der KZ- Außenlager Husum - Schwesing und Ladelund.

Arne Bewersdorff (S. 294 - 308) liefert einen zweiten Beitrag, und zwar über die Muschelfabrik Emde in Wyk auf Föhr. Von der Gründung der Firma, den unmittelbaren Kontakten in die Niederlande bis zu den Auseinandersetzungen in der Nachkriegszeit notiert er einen lokalen Aspekt in der Geschichte des "Holländereinsatzes" in Schleswig-Holstein.

Die Zwangsräumung der Dörfer Högel und Ahrenviöl 1945 und anschließende Belegung mit DPs schildert Jens Owe Petersen (S. 309 - 344). Er findet für diese Entscheidung pragmatische Gründe und keine für ein nachträgliches "Strafgericht" wegen der Ermordung eines Polen 1944 bei Ahrenviöl, wie es teilweise verbreitet wurde. Mandy Jakobcyk belegt (S. 345 - 371) am Beispiel Nordfriesland, dass die geringe Bereitschaft zur Strafverfolgung der NS-Gewaltverbrechen auch für Vergehen an Zwangsarbeitenden galt.

Beim Nachweis der benutzten Quellen weisen Nils Köhler und Eva Nowottny darauf hin, dass die kopierten oder exzerpierten Unterlagen im IZRG einsehbar sind.

Nunmehr zum 4. Mal findet der Leser den schön klingenden aber nichts sagenden Satz "Bezogen auf die gewählten Suchwege können wir den Anspruch der internen Vollständigkeit erheben, ..." und zum wiederholten Male entdeckten die Mitarbeiter auf den gleichen Suchwegen neue Unterlagen. Was ja nicht sein dürfte, außer die Formulierung war jedes Mal unzutreffend.

Ob das Verhältnis von überregionaler (rund 17 Seiten) zu regionaler (9,5 Seiten) Literatur angemessen ist, mag dahingestellt sein. Über die Auswahl von Literatur im Allgemeinen und speziell die von Arne Bewersdorff, Mandy Jakobczyk und Michael Ruck ließe sich trefflich streiten. Aber auch eine Auswahl sollte nicht dermaßen schlampig bibliographiert sein. Der Artikel "Das Stammlager XA" des Rezensenten in "Verschleppt zur Sklavenarbeit" (S. 29 - 58) wird kurzerhand (S. 404) in 2 eigenständige Beiträge zerlegt. Der erwähnte Aufsatz "Zwangsarbeiter oder Fremdarbeiter" aus dem gleichen Sammelband wird auf S. 404 fälschlich dem Rezensenten und auf S. 401 richtig Detlef Korte zugeschrieben. Die Beispiele ließen sich vermehren. Diese Zusammenstellung enttäuscht um so mehr, als M. Ruck anderenorts eine umfangreiche Bibliographie zum Nationalsozialismus erstellt hatte.

 

Die Mehrzahl der Artikel weist die gleichen Mängel auf. Mit Ausnahme von Petersen verzichten alle Autoren auf eine Auswertung bekannter und erschlossener Quellen in ausländischen Archiven. Die oft fehlenden Zeit-, Orts- und Quellenangaben verhindern eine Einordnung der geschilderten Ereignisse. Geschahen sie im  Kreis Nordfriesland oder in anderen Regionen? Die Autoren wechseln wiederholt die Bezugsgrößen. So springt z. B. Nowottny (S. 101) zwischen sowjetischen Kriegsgefangenen und polnischen Zivilarbeitern hin und her. Die in verschiedenen Beiträgen erwähnten "Zonenregelungen" widersprechen oft den genannten Fakten und sind offensichtlich nicht genügend verstanden worden. Die gleichen Quellen zur Zonenregelung bekommen bei den Autoren unterschiedliche Inhalte, wie auch ansonsten Widersprüche zwischen den Beiträgen auftreten. Neben den fehlerhaften Quellennachweisen - so braucht die Abt. 320 im LAS zwingend die Kreisangabe - fällt die Praxis unangenehm auf, ganze Artikel (z. B. Anm. 39, S. 95) als Nachweis anzugeben, zumal des Öfteren diese Informationen dort gar nicht auftauchen. Die unkritische Übernahme der Ausführungen Dankers muss neben den Autoren besonders den Mitherausgebern angelastet werden. Gerade die privilegierte Quellennutzung der Unterlagen des ITS  hätte einer soliden Auswertung bedurft.  

So sehr dem Beschluss aus Nordfriesland vergleichbare Nachfolgeinitiativen anderer Kreise oder Städte gewünscht werden, so sehr muss (zum wiederholten Male!) die geringe Qualität der abgelieferten Untersuchung kritisiert werden.

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