Das weitere Schicksal der Täter

Johann Hahn hatte bei seiner ersten Vernehmung während des Prozesses angegeben, dass er nach ein oder zwei Tagen des Aufenthalts in Kiel-Russee nach Hamburg zurückgekehrt sei. Ihm ist es offenbar gelungen, sich in den letzten Kriegstagen vom Gefängnis in Fuhlsbüttel abzusetzen und in Hamburg unterzutauchen. Das gesamte Jahr 1946 blieb er unbehelligt und widmete sich wieder seinem erlernten Beruf als Hausmakler in Hamburg. Diese Tätigkeit blieb den ehemaligen Häftlingen von Fuhlsbüttel, Harry Breckenfelder und Karl Schultz, nicht verborgen. Sie erstatteten im November 1946 Anzeige und initiierten dadurch den Prozess „Fuhlsbüttel Case No. 2“ vor dem britischen Militärgericht im Curiohaus in Hamburg. Johann Hahn wurde am 6. Januar 1947 verhaftet, nachdem im Dezember 1946 auch noch die ehemaligen Häftlinge Kurt Ewald und Bruno Schlenstedt belastende Angaben über die Person und das Verhalten des früheren SS-Wachmanns gemacht hatten. Der Beschuldigte wurde zunächst ins "Untersuchungsgefängnis Hamburg" gebracht und kam dann nach Neuengamme ins Internierungslager (C.I.C. No.6).[89] Hier traf er u.a. auf den ehemaligen Lagerkommandanten von Fuhlsbüttel Willi Tessmann, auf den ehemaligen Transportführer Wilhelm Schulzke und auf die für den Evakuierungsmarsch mitverantwortlichen Gestapobeamten Henry Helms und Alfons Titius.

Hans Stange und Wilhelm Hennings hatten nicht so viel „Glück“ wie Johann Hahn, denn sie wurden bereits unmittelbar nach Kriegsende in den ersten Tagen des Mai 1945 verhaftet und später in Eselsheide (C.I.C. No.7) südöstlich von Bielefeld interniert. Sie hatten während dieser Zeit die Möglichkeit, sich mit den späteren Mitangeklagten Otto Schütte und Carl Oehl auszutauschen. Außerdem waren Henning Georg von Bassewitz-Behr und weitere aus Fuhlsbüttel bekannte Personen anwesend: u.a. Paul Reppin, Friedrich Röttger, Dr. Ulrich Schnappauf und Werner Schröder. Die mitangeklagten Frauen, die zum Gefängnispersonal von Fuhlsbüttel gehört hatten, waren alle nur wenige Kilometer von Eselsheide entfernt in Staumühle (C.I.C. No.5) untergebracht worden: Anna Bismarck, Minna Borgemehn und Hildegard Burmeister.[90]

Nach Einschätzung der War Crimes Investigation Unit handelte es sich bei den oben genannten Personen um mehr oder weniger schwer belastete Kriegsverbrecher. Im Interesse der Sicherheit in den (einfachen) Internierungslagern erging daher am 22. Januar 1947 der Befehl, dass die Vorgenannten nach Munsterlager ins „Special War Criminal Compound“ gebracht werden sollten. Diese Entscheidung führte dazu, dass alle Angeklagten des bevorstehenden Prozesses zusammengeführt wurden und mindestens sechs Monate Zeit hatten, untereinander Kontakt aufzunehmen und Aussagen abzusprechen. Im Verlauf des März 1947 wurden alle Betroffenen der Reihe nach verhört. Die dabei entstandenen Vernehmungsprotokolle bildeten im September des Jahres die Grundlage für den Prozess.

Die Verurteilung der Täter

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[89] Befragung von Hahn, in: WO 235/409 (S.121). Lebenslauf von Hahn, in: WO 235/410 (Exhibit 43). Anzeigen von Breckenfelder und Schultz gegen Hahn, in: WO 309/1105 und 1215. Aussagen von Ewald und Schlenstedt, in: ebd. (Exhibit 23 und 24).

[90] Sämtliche Angaben zu den Internierungslagern auf zahlreichen Listen, in: WO 309/967.