Das Lager in Rastorf 1941

In einem Schreiben der DWK an den Regierungspräsidenten vom 26.Mai 1941 wurde die Übernahme einer RAD-Unterkunft im Schwentinetal vermeldet. Diese - nahe bei der Villa Fernsicht gelegenen - Baracken waren der DWK vom Reichsarbeitsdienst über das Oberkommando der Kriegsmarine zur Verfügung gestellt worden und sollten zur Unterbringung "von 200 italienischen Arbeitern" dienen. Man war sich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht sicher, "wann mit der Zuweisung der italienischen Arbeiter gerechnet werden kann".[1] Diese Ungewissheit war ein paar Tage später am 10.Juni vorbei: Der erste Transport italienischer Arbeiter war im Barackenlager Schwentinetal eingetroffen. Es handelte sich ausschließlich um "freiwillige" Arbeitskräfte, wie der Chronist der DWK im Jahre 1955 betonte.[2] Er bezog sein Wissen offensichtlich aus der Werkszeitung der DWK von 1941, wo der Einsatz der Italiener wie folgt begründet wurde: "Sie haben ihre südliche Heimat und ihre Familie verlassen, um als Abgesandte der verbündeten italienischen Nation hier in Kiel freiwillig an der Wehrhaftmachung unserer Kriegsmarine gegen den gemeinsamen Feind England mitzuarbeiten."[3]

Über den Aufbau des in Rastorf auf dem Gelände der ehemaligen Rastorfer Papiermühle gelegenen Lagers berichtet der RAD-Mann Joachim Meyer-Quade: "Im Tal vor der Villa Fernsicht liegen 4 Baracken vor dem alten Bauernhof, dazwischen ein Holzhaus für die Waschräume und die Grubentoiletten. Auf der gegenüberliegenden Seite der in ihrem Steinbett fließenden Schwentine liegt die Ess-Baracke und die Zeugkammer, in einer alten Villa wohnen unsere Vorgesetzten." Meyer-Quade war dort im März und April 1945 mit 250 anderen Jungen untergebracht, "um eine vormilitärische Ausbildung beim RAD zu erhalten". Es ist also davon auszugehen, dass die 1941 eingetroffenen Italiener nicht bis zum Kriegsende im Schwentinetal geblieben sind. Der Reichsarbeitsdienst (RAD) hat offensichtlich im Laufe der Zeit gegenüber der DWK in Bezug auf die Baracken Eigenbedarf angemeldet. Die Baracken haben den Krieg nicht überstanden, denn Meyer-Quade berichtet über einen lang andauernden Bombenangriff am Freitag, dem 13.April 1945: "Aber dann kommen die Luftminen, sie reißen einem die Luft aus der Lunge, zerfetzen alle Holzbaracken, brechen die Äste der Bäume ab, kippen Mauern um und ebnen die Deckungslöcher ein."[4]

[Foto der Italiener aus der Werkszeitung von 1941; Fotos Archiv Raisdorf]

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[1] LAS Abt.320 RD ungeordnet, Bd.483, vorl. Nr.5.

[2] Otto K.W. Neuerburg: Menschenwerk im Mahlstrom der Macht - Die hundertjährige Geschichte der Kaiserlichen Werft Kiel und der Deutschen Werke Kiel A.G., Kiel 1955, S.387.

[3] "Unseren italienischen Arbeitskameraden zum Gruß", in: Werkszeitung der DWK von 1941, Folge 7, S.12 (Archiv HDW, Kiel).

[4] Joachim Meyer-Quade: Die letzten 30 Tage des II. Weltkrieges in Schleswig-Holstein, Tagebuch-Erinnerungen eines RAD-Mannes, S.37. Zur Geschichte des RAD in Rastorf vgl. die Ortsgeschichte "Raisdorf. Eine Chronik mit Bildern aus Vergangenheit und Gegenwart", Hamburg 1988, S.101.