Schlussbemerkungen

 

a) Eigenlob .....

 

Es mag den Autoren vielleicht schmeicheln, sich selber und andere Mitarbeiter des Projektes als Quellen anzugeben und möglichst oft erwähnt zu werden. Es wirkt peinlich, wenn trotz der Einführung von Bohn beispielsweise für den Hinweis auf die rechtlich privilegierte Stellung der Dänen auf S.139 als Beleg extra auf eine Ausarbeitung von Marcus Oddey hingewiesen wird. In anderen Fällen dient dieses Verfahren offensichtlich zum Verschleiern der schlechten Quellenrecherchen wie folgender Fall zeigt: Im Oktober 1942 brachte das Arbeitsamt Flensburg seine Freude über die Abgabe sowjetischer Kriegsgefangener aus Heide zum Ausdruck, "wehrte sich aber gleichzeitig gegen die Übernahme kranker Arbeitskräfte aus fremden Kreisen, wie z.B. TBC-Kranker, deren Versorgung eine größere finanzielle Belastung der Kommune darstellt und drängte hier auf Aufnahmestoppverfügungen."(S.103) Als Quelle wird angegeben "vgl. Dahl, Zwangsarbeit und Krankheit, S.137". Wer diese Anmerkung kontrolliert, landet in der Schlussbetrachtung des dortigen Artikels von Dahl und findet mitnichten einen fundierten Nachweis für diesen Vorgang in Flensburg.

 

Die Spitze dieser absurden "Selbstbeweihräucherung" produziert Danker auf S.65. Viele sowjetische Kriegsgefangene "starben noch in den ersten Monaten, allein in Flensburg zwischen Oktober 1941 und April 1942 76, in der Provinz insgesamt etwa 6.500." Als Beleg dient folgende Anmerkung: "Vgl. IST Bad Arolsen, Ordner 355 sowie Nils Köhler: 'Während des Krieges, weit im fremden Land'. Die Perspektive der zwangsarbeitenden Polen und 'Ostarbeiter' in Schleswig-Holstein, in Danker u.a. (Hg.), 'Ausländereinsatz in der Nordmark', S.175-218". Was der Ordner 355 enthält, könnte der Leser ansatzweise auf S.84 erfahren, dort wird für die 76 Toten auf "einschlägige Auflistungen" verwiesen. Für die 6.500 Verstorbenen den einen ganzen Artikel von Köhler als Beleg zu benennen, qualifiziert Danker nicht gerade, zumal in dem Artikel diese Information nicht auftaucht.

 

Vielleicht, dachte sich der "Rezensent", hat sich Danker im Artikel und im Buch geirrt. Der Blick in das zweite Buch ("Krankheit") erbrachte im Beitrag von Köhler über die Perspektive der Zwangsarbeitenden im Abschnitt 'Tod in Schleswig-Hostein' den Hinweis auf "mehrere Tausend ausländische Arbeitskräfte"(S.189), die im Land verstorben waren. Als Quellenbeleg für diese Aussage diente: "Vgl. Uwe Danker/Robert Bohn: Zwangsarbeitende in Schleswig-Holstein 1939 bis 1945: Zahlen, Fakten und Daten, S.9, in Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein (Hg.): Verschleppt nach Schleswig-Holstein. Zwangsarbeitende 1939-1945, Labskaus Nr.11, S.6-12." Und tatsächlich dort steht die Zahl von 6.500 toten sowjetischen Soldaten - allerdings ohne Quellenbeleg!

 

b) Bilder

 

Die im Buch wiedergegebenen Bilder von Zwangsarbeitern stammen  wahrscheinlich nicht aus Flensburg. Lediglich für einige Abbildungen, von denen viele bereits woanders publiziert wurden, könnte als Herkunft das Flensburger Umland zutreffen. Das Bild aus der Zeitschrift der Bauernschaft (S.163) weist keinen Ortsbezug auf. Selbiges trifft für das auf Seite 117 wiedergegebene Photo aus der "Sammlung Köhler" zu. Hier stellt sich zusätzlich die Frage, ob nicht ein Bild aus Niedersachsen wissentlich in den Flensburger Raum transportiert wurde. Nils Köhler forscht zur Zwangsarbeit im Lüneburger Raum und nutzt dafür auch Zeitzeugenbefragung und -berichte. Der Forschungsansatz unter Einbeziehung von Zeitzeugen erbrachte übrigens in jedem mir bekannten Fall Orginaldokumente und Photos aus den Regionen. Die Abbildungen stehen teilweise ohne inhaltlichen Bezug im Text. Die Herkunftsangabe "Sammlung IZRG" (S.206) stellt keinen geeigneten Nachweis dar. Ein Institut, dass sich gerne mit der "Fahne der Modernität" schmückt, sollte die Diskussionen gerade der letzten Jahre über die Bedeutung des Bildes als Quelle mitbekommen haben und umsetzen.

 

c) Ermüdend

 

Gerade bei der geringen Anzahl der Quellen wirkt das regelmäßige Auftauchen derselben Quellen ermüdend. Gleiches gilt für die stereotype Wiedergabe der Informationen aus der Einführung von Bohn. Irgendeine Berechtigung muss sie doch besitzen.

 

Wenn die Autoren meinen, auf Wiederholungen nicht verzichten zu können, dann sollten die Herausgeber des Buches jedoch die Informationen untereinander abgleichen. So ist die rote Zone in Flensburg mal rot (S.60) und mal grün (S.139).

 

Bill konstatiert für den Mai 1944 einen Kurswechsel: "Die bisher als 'Untermenschen' betrachteten Sowjets bekamen wie auf Reichs- und Provinzebene auch in Flensburg je nach Herkunft als Russen, Weißrussen oder Ukrainer Arbeitszeichen, ..." (S.123) Oddey und Schönebein lassen die "ersten (neuen) 'Ostarbeiterabzeichen' wenn überhaupt, dann wohl erst im Februar 1945" eintreffen. (S.162) Obwohl nach den Aufstellungen von Danker im Jahre 1941 keine Ostarbeiter in Flensburg weilten, wird auf Seite 105 bereits in diesem Jahr in der Küche des Gemeinschaftslagers für Russen gekocht.

 

Die Beiträge in diesem Aufsatzband, dieser Begriff ist zutreffender als die Bezeichnung "umfassende Studie" auf dem Rücken des Buches, hätten durch die Herausgeber besser abgestimmt werden müssen.

 

d) Vermisstes

 

Gerade für Flensburg wäre eine genauere Untersuchung des dänischen Arbeitseinsatzes sinnvoll gewesen. Die quantitative Erfassung wäre (bis auf die täglichen Pendler) über  Einwohnermeldedaten und über das Archiv des staatlichen Auswanderungskontors in Dänemark möglich gewesen, das laut Straede lückenlose Abreiselisten (auch nach den Bestimmungsorten) besitzt. Zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Dänen in Deutschland führt Straede weiter aus, dass "sich in dänischen Archiven ein sehr reichhaltiges, international betrachtet sicherlich einmaliges Material" befindet.[29] Der Arbeitseinsatz der Dänen war eine Besonderheit in Flensburg und Besonderheiten müssen sich in Regionalstudien wiederfinden - außer man publiziert auf dem Niveau des IZRG.

 

e) Fazit

 

Auch das dritte Buch zur Zwangsarbeit veranschaulicht, dass Forschungsergebnisse des IZRG lediglich an der Oberfläche streicheln und sehr fehlerhaft sind. Zitierfähig sind die Ergebnisse nicht. Bis auf einige  Informationen handelt es sich um die Zweitverwertung des IZRG-Gutachtens und der Beiträge von Hohnsbehn und Dittrich. Der Widerspruch zwischen dem  Inhalt und der wirklich guten Verarbeitung des Buches könnte nicht größer sein.

 

 

Aufforderung zur Antwort

 

Die Ausführungen richteten sich an die ernsthaft zum Thema Forschenden. Trotzdem erhält Danker natürlich das Recht, hier eine Stellungnahme abzugeben. Er darf auch wieder in der schwärzesten Ecke seiner "Pressesprecherseele" wühlen und sicherlich fallen ihm neben "Heimatforscher", "Hobbyforscher", "rezensierenden Chronisten", "chronistischer Sammelwut", dem "durchweg wirre(n) Zeug von Schwarz" oder "Vollständigkeitswahn" weitere Bezeichnungen ein, die ihn selbst erhöhen und von eigenen Fehlern ablenken sollen.[30]

 

 

[29] Therkel Straede, "Deutschlandarbeiter". Dänen in der deutschen Kriegswirtschaft 1940-1945. In: Ulrich Herbert (Hg.), Europa und der "Reichseinsatz", Essen 1991, S.147 und 168.

[30] Siehe ISHZ Nr.40, S.83-91.