c) Zur Problematik des ausgewählten Personenkreises

Die Verfasser schätzen die Anzahl der "Fremdarbeiter", Kriegsgefangenen und ausländischen KZ-Häftlinge[28] auf ca. 225.000 Personen, die somit in Schleswig-Holstein als Zwangsarbeiter beschäftigt gewesen wären. Der Einsatz von Kriegsgefangenen entsprach durchaus dem internationalem Recht und war laut Genfer Konvention zulässig. Dies wird im Gutachten betont und es wird auch auf die zahlreichen Verstöße gegen die Bestimmungen der Konvention hingewiesen, so dass die Einordnung der Kriegsgefangenen als Zwangsarbeitende in den meisten Fällen durchaus zu Recht erfolgt. Die Kontrollbesuche des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) belegen aber auch, dass der Verstoß gegen die Bestimmungen der Genfer Konvention nicht die Regel darstellte.

Neben den "Fremdarbeitern", Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen fehlt meiner Meinung nach eine weitere Personengruppe: Gegen zahlreiche ausländische Menschen wurden von deutschen Gerichten langjährige Haftstrafen wegen Widerstandstätigkeiten gegen die deutsche Besatzungspolitik verhängt. Viele der z.B. vom Sondergericht Kiel[29], dem SS- und Polizeigericht in Oslo oder von Wehrmachtsgerichten Verurteilten wurden nach Schleswig-Holstein verbracht. Sie mussten in Schülp und Himmelmoor unter menschenverachtenden Umständen Torfstechen oder in anderen Haftanstalten des Landes Schleswig-Holstein arbeiten. Häftlinge aus dem Rendsburger Zuchthaus produzierten u. a. für die Lubeca-Werke in Lübeck oder die Firma I.D. Möller in Wedel. Auch sie leisteten Zwangsarbeit. Angesichts der Tatsache, dass die gegen sie gerichteten Urteile später aufgehoben worden sind, hätten sie ähnlich wie die Kriegsgefangenen besondere Berücksichtigung finden müssen. Diesem Aspekt widmet das Gutachten jedoch keine Aufmerksamkeit.

FORTSETZUNG 3d


[28] Zu den KZ-Häftlingen vermerkt das Gutachten: Die "in der Endphase des Krieges errichtete(n) KZ-Aussenstellen des KZ Neuengamme in Kaltenkirchen, Schwesing und Ladelund ... gehören in unseren Kontext." (S.69) Warum gilt das nicht auch für die entsprechenden Lager in Howacht und Wedel? fragt sich der Rezensent.

[29] Das Sondergericht Kiel war zuständig für die Verurteilung der Norweger nach dem "NN-Erlass" vom 7.12.1941. Vgl. dazu Harald Jenner, Rolf Schwarz: Vor 50 Jahren...., Norwegen, Besetzung, Verfolgung, Widerstand, Haft. Gefangen in Schleswig-Holstein, Rendsburg 1990, S.16.