Kriegsgefangene in Schleswig-Holstein

Eine Chronik 1941

[21.01.41] Der Landrat des Kreises RD teilt mit: „Die Entlassung einer ganzen Reihe von polnischen Kriegsgefangenen und ihre Überführung als Zivilarbeiter in die Wirtschaft gibt mir Veranlassung, die Ortspolizeibehörden und die Herren Bürgermeister darauf hinzuweisen, dass die von der Regierung herausgegebenen Richtlinien über das Arbeitsverhältnis und die Behandlung von Zivilarbeitern polnischen Volkstums genauestens beachtet werden.“

[02.08.41] In Büchen wird das erste Arbeitskommando (Nr.1) für sowjetische Kriegsgefangene in Schleswig-Holstein errichtet. Es folgen die Kommandos in Heidkaten (Nr.2), Großenbroder Fähre (Nr.3) und Boostedt (Nr.4). Die Nummerierung wird später verändert, da es bereits Arbeitskommandos mit der gleichen Kennung für die französischen und belgischen Kriegsgefangenen gab.[1]

[06.11.41] Das Arbeitsamt Heide informiert den Landrat des Kreises Norderdithmarschen über den geplanten „Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen“. Für Norderdithmarschen werden 13 Orte aufgezählt, die zusammen 500 sowjetische Kriegsgefangene erhalten sollen. Die Bewachung übernimmt die 3. Kompanie des Landesschützenbataillons 682 in Heide. Für Süderdithmarschen werden 18 Orte aufgezählt, die zusammen 740 sowjetische Kriegsgefangene erhalten sollen. Die Bewachung übernimmt die 6. Kompanie des Landesschützenbataillons 682 in Meldorf. Für den Bereich Eiderstedt/Schleswig werden 3 Orte aufgezählt, die zusammen 70 sowjetische Kriegsgefangene erhalten sollen. Die Bewachung übernimmt die 1. Kompanie des Landesschützenbataillons 682 in Friedrichstadt.[2]

[10.11.41] Der Leiter des Arbeitsamtes in Heide informiert die Lagerleiter über die Bedingungen für den Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen: „Der Einsatz dieser Kriegsgefangenen erfolgt trotz allerstärkster Bedenken.“ „Dieser Einsatz kann als notwendiges Übel nur hingenommen werden, wenn wirklich die vorgeschriebenen Bedingungen auf das strengste innegehalten werden.“ „Es kommt hier besonders darauf an, dass die Gefangenen nur in Trupps von mindestens 20 eingesetzt werden und dass sie so beschäftigt werden, dass der Wachmann sie ständig übersehen kann."

"Der Wachmann ist verpflichtet, sofort von der Waffe Gebrauch zu machen, wenn ein Kriegsgefangener versucht, sich seiner Sicht zu entziehen; aber auch auf Deutsche muss geschossen werden, wenn sie sich unzulässiger Weise mit den Russen in Verbindung setzen.“ „Es wäre unverantwortlich, den sowjetischen Kriegsgefangenen größere Mengen an Lebensmitteln, besonders an hochwertigen Lebensmitteln, zukommen zu lassen.“[2]

[18.11.41] Vom Kdo. Faulück wurden 6 (namentlich bekannte) polnische Kriegsgefangene „als Zivilarbeiter entlassen“ und gleichzeitig dem Arbeitsamt Schleswig zur Neuvermittlung überwiesen.

[21.11.41] An diesem Tage wurden 18 (namentlich bekannte) polnische Kriegsgefangene vom Kdo. Holzbunge „als Zivilarbeiter entlassen“ und gleichzeitig dem Arbeitsamt Rendsburg zur Neuvermittlung überwiesen.

[22.11.41] Kieler Neueste Nachrichten vermelden: „Entwichene Kriegsgefangene sofort festnehmen! Jeder Volksgenosse [ist] dazu verpflichtet und befugt. Entflohene Kriegsgefangene, insbesondere sowjetische, können eine große Gefahr für die Sicherheit unseres Vaterlandes werden.“

Es „besteht auch eine Pflicht der Bevölkerung zur aktiven Mithilfe bei der Wiederergreifung der Kriegsgefangenen.“ Auch Zivilpersonen dürfen bei der Festnahme „von der Waffe Gebrauch machen“, sofern sie „von den Kriegsgefangenen angegriffen werden sollte[n] und sich der Fall der Notwehr ergibt. Schon eine Bedrohung durch einen sowjetischen Kriegsgefangenen ist regelmäßig als ein Angriff anzusehen. In einem solchen Falle kann die Verteidigung, soweit sie erforderlich ist, um den Angriff abzuwenden, mit der Waffe erfolgen.“[3]

[22.12.41] Der Landrat des Kreises RD teilt mit, dass „den französischen Kriegsgefangenen widerruflich gestattet [sei], in ihrer Freizeit innerhalb geschlossener Ortschaften den Bürgersteig zu benutzen.“ Voraussetzung sei aber, dass „die französischen Kriegsgefangenen höchstens zu zweien nebeneinander gehen“, „dass sie vor deutschen Volksgenossen ausweichen“ und „sich den deutschen Volksgenossen gegenüber korrekt verhalten.“[4]

Home           Weiter mit 1942


[1] https://obd-memorial.ru/html/advanced-search.htm

[2] LASH Abt.320 NDI Nr.2525-2526.

[3] Zitiert von Rolf Schwarz: Das Stammlager XA, in: Gerhard Hoch, Rolf Schwarz (Hrsg.), Verschleppt zur Sklavenarbeit - Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein, Alveslohe und Nützen 1985, S.39.

[4] Gemeindearchiv Büdelsdorf (Abt. Ausländerwesen), zitiert von Rolf Schwarz: Das Stammlager XA, a.a.O., S.39.