Kiel im April 1941

Zwei Ereignisse mit Folgewirkungen

Bei den britischen Luftangriffen auf Kiel in der Nacht vom 7. auf den 8. April 1941 waren zum ersten Mal zahlreiche Tote (88) und Verletzte bzw. Vermisste (184) zu beklagen. Noch verheerendere Ausmaße nahmen die Bombenangriffe in der Nacht vom 8. zum 9. April 1941 an: 125 Tote und 197 Verletzte oder Vermisste.[1]

Diese Zahlen haben insbesondere die Kieler Rüstungsbetriebe zum Nachdenken und Handeln veranlasst. Die Werften machten sich Sorgen um die Aufrechterhaltung der Produktion von kriegswichtigen Gütern. Sie wollten sich ihre Arbeitskräfte sichern und haben deshalb alles Mögliche unternommen, um innerhalb kürzester Zeit sowohl für die deutschen Betriebsangehörigen als auch für die ausländischen Zwangsarbeiter außerhalb Kiels Wohnunterkünfte aller Art zu errichten. Die Suche nach geeigneten Grundstücken wurde in erster Linie südlich des Nord-Ostsee-Kanals durchgeführt, da man damit rechnen musste, dass auch die Kanalbrücken im weiteren Verlauf des Krieges zerstört werden könnten. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Anlage von Wohnlagern war das Vorhandensein einer Bahnlinie und eines Bahnhofes (in fußläufig erreichbarer Nähe), um die zahlreichen Arbeitskräfte von und nach Kiel transportieren zu können.

Auf der Suche nach Lagerstandorten außerhalb Kiels[2]

Im Juli des Jahres 1941 wandte sich die DWK an den Landrat des Kreises Rendsburg und bat um den Nachweis von zwei Standorten für die Errichtung von Arbeiterwohnlagern: "Die Läger sollen in Erweiterung des in Kiel-Friedrichsort gelegenen reichseigenen Lagers Schurskamp als reichseigene Läger erstellt werden." Aus "luftschutzmässigen Gründen" sahen die Planungen den Bau der neuen Wohnlager nicht in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte vor, sondern außerhalb des Kieler Stadtbezirkes. Die DWK hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Erfahrungen im Aufbau derartiger Lager gesammelt: In demselben Schreiben an den Landrat wurde erläuternd mitgeteilt, dass "für unser Werk Kiel, ausserhalb des Kieler Stadtbezirkes z.Zt. 7 Läger erstellt werden, wovon das Lager Wattenbek im Bereich des Landratsamtes Rendsburg liegt." Mit anderen Worten: Das Unternehmen plante im Jahre 1941 die Errichtung von neun Arbeiterwohnlagern außerhalb Kiels. Die Vertreter der reichseigenen Werft DWK nahmen gegenüber dem Landrat Peters eine ungewöhnlich fordernde Position ein: "In Anbetracht der Dringlichkeit der Angelegenheit dürfen wir um umgehende Erledigung bitten."

Die sieben geplanten Lager im Süden und Osten Kiels

Die Deutschen Werke Kiel teilten dem Regierungspräsidenten in Schleswig am 1.Juli 1941 in Bezug auf die "Errichtung von Wohnlägern zur Unterbringung von Rüstungsarbeitern" mit, dass nunmehr "endgültig folgende Lagerstandorte vorgesehen" seien: Raisdorf, Flintbek, Boksee, Wankendorf und Klein Barkau im Kreis Plön und Wattenbek im Kreis Rendsburg. In Wankendorf und Klein Barkau sind nach derzeitigem Wissensstand keinerlei entsprechende Baumaßnahmen vorgenommen worden. Anders dagegen in Raisdorf, wo mit dem Lager Karkkamp (1941/42) und dem Lager Rosensee (1942/43) sogar zwei DWK-Lager entstanden. Das Lager in Flintbek wurde im Anschluss an das Wattenbeker Lager errichtet und war im Spätsommer 1942 bezugsfertig. In Boksee war - in unmittelbarer Nähe des heutigen ADAC-Verkehrsübungsplatzes - ein Barackenlager gebaut worden, dass der DWK ab Oktober 1942 zur Verfügung stand.


[1] Kiel im Luftkrieg 1939-1945, Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd.13, Kiel 1980, S.132.

[2] Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf entsprechende Schriftwechsel, die in: LAS Abt.320 RD ungeordnet, Bd.483, vorl. Nr.5 überliefert sind. Den Hinweis auf diese Akte verdanke ich freundlicher Weise Rolf Schwarz (Rendsburg), der diesen Vorgang bereits 1988 im Landesarchiv in Schleswig entdeckt hat.

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