Das "Gemeinschaftslager Rumohr" (1941-1945)

von Uwe Fentsahm

Lageplan des Gemeinschaftslagers Rumohr

[Zeichnung aus Uwe Carstens: Das Lager Rumohr, in: Mitteilungen des Geschichtsvereins für das ehemalige Amt Bordesholm, April 1995 (Heft 5), S.13 ff. Die Angaben zum Kaufmann und zur Nissenhütte beziehen sich auf die Nachkriegszeit, als das Lager zur Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen diente.]

 

Die Anfänge des Lagers 1941/42

Nach Angaben von Uwe Carstens pachtete die Stadt Kiel „mit Wirkung vom 1.3.1941“ von dem Rumohrer Bauern Christian Lütt „ein an der Straße zwischen Rumohr und Rotenhahn gelegenes Grundstück“, das 8.950 qm groß war. Der Pachtvertrag ist aber erst im Frühjahr 1942 abgeschlossen worden.[1] Das ergibt sich aus einem Schreiben aus der Nachkriegszeit, in dem mehrfach auf den ursprünglichen Pachtvertrag vom 15. Mai 1942 Bezug genommen wird.[2]

Das Original des Pachtvertrages ist heutzutage im Archiv der Stadt Kiel nicht mehr auffindbar. Die Gemeinschaftslagerverwaltung (GLV) der Stadt Kiel scheint insgesamt Schwierigkeiten gehabt zu haben, bei den vielen neu zu errichtenden Barackenlagern den Überblick zu behalten. Der Pachtvertrag von 1942 mit dem Rumohrer Bauern scheint jedenfalls (kriegsbedingt?) verlorengegangen zu sein, denn im März 1944 schrieb die GLV an Christian Lütt: „Den mir freundlichst übersandten Pachtvertrag sende ich Ihnen nach erfolgter Anfertigung einer Abschrift dankend wieder zurück.“[3]

Das Grundstück, auf dem im Auftrag der Stadt Kiel Baracken errichtet werden sollten, befand sich auf der südwestlichen Seite des Rotenhahner Weges, nördlichen des Hüttenkrattweges und südlich des Vorderkamps. Die ungefähre Positionsangabe ist [54.24843, 10.02952], also auf der Hälfte der Strecke von Rotenhahn nach Rumohr.

Über die Nutzung des Lagers schreibt Uwe Carstens: „Die auf diesem Gelände errichteten RAD-Baracken dienten der Unterbringung von Kriegsgefangenen (überwiegend aus Polen), die zum Arbeitseinsatz nach Kiel gebracht wurden.“[4] Den zweiten Teil des Satzes können wir bestätigen, doch für die Unterbringung von Kriegsgefangenen aus Polen in diesem Lager fehlt der quellenmäßige Nachweis. Es gab zwar das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando 929, das war aber direkt in Rumohr in der alten Meierei untergebracht. Es handelte sich um 28-30 Franzosen, die bei den örtlichen Bauern in der Landwirtschaft arbeiten mussten.[5]

 

Die Baracken - ein Geschenk des Gauleiters Hinrich Lohse

Der Oberbürgermeister der Stadt Kiel wurde am 23. September 1949 vom Dezernenten der Sozialverwaltung über die Vorgeschichte des Lagers Rumohr informiert, denn zur damaligen Zeit machte man sich schon Gedanken über eine mögliche Auflösung des Lagers: „Das z.Zt. in Rumohr bei Flintbek stehende Barackenlager wurde im Jahre 1942 nach den Bomben-Angriffen auf Kiel auf Veranlassung des derzeitigen Gauleiters Lohse vom Luftgau-Kommando Hamburg-Blankenese der Stadt Kiel zur Verfügung gestellt. Das Lager sollte zur Unterbringung von Arbeitskräften dienen, die nach Kiel beordert wurden, um die schweren Kriegsschäden zu beseitigen.“

„Die Übergabe der Baracken erfolgte formlos. Die Stadt Kiel übernahm die Kosten des Abbruchs des Lagers, welches in Leck bei Flensburg stand, die Kosten des Transports nach Rumohr sowie die des Wiederaufbaus. Ein Mietvertrag sowie sonstige schriftliche Vereinbarungen wurden seinerzeit nicht getroffen. Ebenfalls wurden Abmachungen über die Dauer der Überlassung, über die Mietezahlung u.s.w. nicht getroffen.“[6] Nachdem die Luftwaffe 1944 endgültig auf die Baracken verzichtet hatte, betrachtete die Stadt Kiel diese als ihr Eigentum.

 

Fortsetzung 1 Der Aufbau des Lagers und seine Bewohner
Fortsetzung 2 Die Versorgung der Stadt Kiel mit Arbeitskräften 1941-1945
Fortsetzung 3 Die Wahrnehmung der "Ostarbeiter" durch Flintbeker Zeitgenossen
Fortsetzung 4 Gab es hier eine "Ausländerkinder-Pflegestätte" (AKPS)?


[1] Uwe Carstens: Das Lager Rumohr, in: Mitteilungen des Geschichtsvereins für das ehemalige Amt Bordesholm, April 1995 (Heft 5), S.13 ff. Christian Lütt wird im Adressbuch des Kreises Bordesholm, Bordesholm 1928, S.101 als Hufner bezeichnet.

[2] Schreiben vom 26. März 1955, in: Stadtarchiv Kiel, Nr. 79554 [Sozialamt, Lagerbewirtschaftung 1944-1961, Blatt 39].

[3] Schreiben vom 22. März 1944, in: Stadtarchiv Kiel, Nr. 79554 [Sozialamt, Lagerbewirtschaftung 1944-1961].

[4] Carstens (wie Anm.1), S.15.

[5] Gerhard Hoch/Rolf Schwarz (Hrsg.): Verschleppt zur Sklavenarbeit, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein, Alveslohe und Nützen 1985, S.185. Hierzu gibt es auch einen Form-96-Bogen (s.u.) im Landesarchiv in Schleswig: LASH Abt.415 Nr.3424 und 3425.

[6] Das Schreiben vom 23. September 1949, in: Stadtarchiv Kiel, Nr. 70855, Blatt 14 und 18.