Alt Duvenstedt

Am 12.1.1942 meldete das staatliche Gesundheitsamt des Kreises Rendsburg an den Regierungspräsidenten: "Am 6. Dezember 1941 war in einem örtlichen Kriegsgefangenenlager in Alt Duvenstedt die Erkrankung von sechs russischen Kriegsgefangenen an Fleckfieber gemeldet worden. Seitens der hiesigen Standortverwaltung war sofort alles Notwendige zur Entwesung des Lagers und zur Entlausung der Leute veranlasst worden. Da jedoch ein Ehepaar aus Alt Duvenstedt für das Lager die Küche führte, so stellte ich noch am selben Tage an Ort und Stelle Ermittlungen an. Dabei ergab es sich, dass das Ehepaar die Küche in einem vom Lager vollständig getrennten Gebäudeteil betreibt, dass das Essen von den Wachmannschaften abgeholt wird und das Ehepaar daher mit den gefangenen Russen nicht in Berührung gekommen ist. Die Gefahr irgendeiner Übertragung war daher nicht gegeben. Weitere Erkrankungen sind auch inzwischen unter dem übrigen Lagerpersonal nicht mehr festgestellt worden."[1] In den Ausführungen des Medizinalrates Dr.Wehling widerspiegelt sich die Sorge um eine Ansteckung der deutschen Bevölkerung, deshalb ist er ja aktiv geworden. Die dann erfolgte Entwesung und Entlausung kann aber nicht sehr erfolgreich gewesen sein, denn vom 18. Januar bis zum 14. Februar 1942 verstarben 12 Gefangene.

Das Kommando war in der Bahnhofstraße in der Durchfahrt der Gastwirtschaft Speck untergebracht. "Die Kriegsgefangenen .... arbeiteten unter anderem an der Eisenbahnstrecke Rendsburg - Schleswig. Das Leben, vor allem die Ernährung, waren katastrophal. Die Gefangenen litten an Unterernährung und den damit verbundenen Krankheiten. Bekannt geworden ist, dass ein Wächter aus Fockbek Dorfbewohner, die aus Mitleid Essensreste oder beispielsweise eine Rübe über den Zaun werfen wollten, mit dem Hinweis auf seine Schußwaffe verjagt hat".[2]

Nach Angaben des Beerdigungsregisters verstarb auch am 31.10.1944 ein "sowjetrussischer Arbeiter" im Ort. Die Verstorbenen wurden in einem Massengrab auf dem Friedhof beigesetzt. An anderer Stelle erhielten sie nach 1945 einen Gedenkstein mit der Aufschrift: "Hier ruhen 14 russische Kriegsgefangene von 1942." Neben dem Gedenkstein befinden sich Einzelgrabsteine, von denen 6 mit Namen versehen sind, die anderen galten als "unbekannt".

Im Rahmen eines Schulprojektes für die Jahrhundertstory des SHZ-Verlages forschten Schülerinnen und Schüler aus Todenbüttel über das Schicksal der Gefangenen. Sie ermittelten sechs weitere Namen und forderten im März 1999 in einer Sendung der Welle Nord zu den Geschichtsprojekten, dass auch diese Namen der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden. Mittlerweile hat die Gemeinde Alt Duvenstedt beschlossen, diesem Wunsch zu folgen und die Gedenkstätte zu ergänzen.

Außer den sowjetischen Kriegsgefangenen gab es ein Kommando 1162 für Kriegsgefangene aus Frankreich: Nach einer im Auftrag der belgischen Regierung im Jahre 1950 durchgeführten Erhebung (F-96-Bögen) befanden sich ca. 20 - 30 französische Kriegsgefangene im Ort. Sie wohnten in der Milchfabrik Günnende und mussten in der Landwirtschaft arbeiten. Am 18.4.1944 war das Internationale Rote Kreuz zu einer Inspektion vor Ort und stellte fest, dass das Lager derzeit mit 12 Personen belegt sei. In dem Besuchsbericht heißt es weiter: "Dach in schlechtem Zustand, es regnet im Kommando (wird repariert werden); 8 Waschbecken, aber nur eines in gutem Zustand (das Notwendige wird gemacht werden). Kleidung und Schuhe sind in schlechtem Zustand."[3]


[1] Landesarchiv Schleswig (LAS) Abt.309, Nr.386 und 35057.

[2] Wilfried Göbel: Kriegsgefangenengräber in Alt Duvenstedt, in: Vergessen und verdrängt. Eine andere Heimatgeschichte, hrsg. von Kurt Hamer, Karl-Werner Schunck und Rolf Schwarz, Eckernförde 1984, S.235.

[3] "Toit en mauvais état, il pleut dans le Kommando (sera réparé) 8 cuvettes mais une seule en bon état (nécessaire sera fait). Mauvais état de l'habillement et des chaussures." (Archiv de France Nr. F9 2717).