Lager Grenzstraße

Auch Frauenlager Düneberg genannt. Dieses Lager war ein werkseigenes DAG-Lager. Untergebracht waren hier ca. 2.200 Frauen aus Rußland, Frankreich, Belgien, Kroatien, Lettland, Polen, Dänemark, Holland und Italien. Anhand der erhaltenen Quellen kann man davon ausgehen, daß der größte Teil der Frauen aus Frankreich kam. Deutsche Zeitzeugen nennen das Lager auch heute noch "Französinnenlager".

Die Grenzstraße führte direkt durch das Lager, so daß es in zwei Teile geteilt war. Laut Bauplan (von 1942) befanden sich dort 21 Wohnbaracken, eine Sanitätsbaracke, drei Wirtschaftsbaracken, eine Verwaltungsbaracke, eine Waschbaracke und ein Badehaus, eine Wohnbaracke für die Verwaltung und eine Baracke für K.H.D.

Außerdem gab es auch hier eine Entbindungsbaracke. Betreut wurden die Frauen von einem deutschen Arzt. In den Sterbebüchern der St. Barbara Kirche (Katholische Kirche) finden sich Eintragungen über verstorbene Kinder von Französinnen. Im August 1944 erfolgte vom Pastor nachstehende Eintragung: "Am 6.August habe ich im Frauenlager 4 Kindern die Nottaufe gespendet. Die Personalien konnte ich nicht bekommen. Anderen Kindern hat die Schwester die Nottaufe gespendet. Sind alle gestorben." Der deutsche Arzt wurde am Ende des Krieges von französischen Arbeiterinnen des Lagers angezeigt, weil viele Neugeborene im Lager gestorben waren. Dieser Arzt mußte nach Frankreich und sich dort vor Gericht verantworten. Er wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Ab 1943 wurde hier auch eine russische Ärztin eingesetzt.

Aufgrund von Quellen des Landesarchivs Schleswig kann man davon ausgehen, daß die Russinnen etwas abseits der anderen Ausländerinnen untergebracht waren: Anhand der Nummern derjenigen Baracken, in denen die Russinnen untergebracht waren, kann man auf dem Lageplan des Lagers sehen, daß die Baracken nicht in unmittelbarer Nähe der anderen Baracken lagen. Umgeben war das gesamte Lager von einem Maschendrahtzaun und wurde vom Werkschutz bewacht. Sie konnten sich frei bewegen, sie gingen auch allein zur Arbeit. Die "Ostarbeiterinnen" durften das Lager nur sonntags verlassen, an anderen Tagen nicht. Es fand lediglich eine Eingangskontrolle der Frauen beim Betreten des Lagers statt. Der größte Teil von ihnen arbeitete bei der DAG Düneberg, die anderen waren in Kleinbetrieben in der Stadt beschäftigt. Sie arbeiteten durchschnittlich 8 Stunden pro Tag und hatten sonntags frei. Am Abend standen die Französinnen auf dem Platz vor dem Kino Hellmann, deshalb wurde er von der deutschen Bevölkerung auch "Pariser Platz" genannt.

Das Frühstück bestand aus 450 g Brot und etwas Butter. Mittags gab es Essen in der Werkskantine. Deutsche Zeitzeugen berichten, daß sie ins Lager gehen konnten und daß die Baracken sauber und ordentlich gewesen seien. In jeder Baracke gab es ca. 3 Räume, in denen jeweils 6-10 Etagenbetten standen sowie ein kleiner Spind für jede Frau. In der Mitte stand ein Ofen zum Heizen und ein kleiner Tisch. Es gab einen kleinen Lagerladen, in dem sich die Frauen Kleinigkeiten wie Seife, Waschpulver etc. kaufen konnten. Ein Friseursalon befand sich ebenfalls im Lager. Eine sogenannte "Badewärterin" war für das Waschen und Plätten von Kleidung im Lager zuständig. Ebenso ist bekannt, daß es auch einen Putztag im Lager gegeben hat. An diesem Tag mußten alle Frauen mithelfen das Lager sauber zu machen. Auf dem Lagergelände selbst existierten keine Luftschutzstollen oder Bunker, bei Fliegeralarm durften die Frauen aber in die öffentlichen Bunker der Stadt.