Wie viele Zwangsarbeiter gab es im September 1944 in Schleswig-Holstein?

30.09.44 Die Statistiker der Abteilung Arbeitseinsatz im Reichsarbeitsministerium erfassten[1] zu diesem Zeitpunkt 1.970.000 ausländische Frauen, die (zwangsweise) im Deutschen Reich beschäftigt wurden.[2] Davon kamen 1.700.000 aus den östlich des Deutschen Reiches gelegenen, von der Wehrmacht eroberten und besetzten Gebieten. 1.100.000 Frauen wurden damals von den Statistikern als „Ostarbeiterinnen“ bezeichnet, da sie aus dem altsowjetrussischen Gebiet stammten.[3] Die restlichen 600.000 verteilten sich auf Frauen aus dem Baltikum, aus der Ukraine und aus dem aufgelösten Staat Polen (470.000).[4] Auf den Gauarbeitsamtsbezirk Schleswig-Holstein bezogen, sind durch die Ausländererhebung zu diesem Zeitpunkt 49.311 Ausländerinnen erfasst worden.[5] Darunter befanden sich in der Kategorie „Ostarbeiterinnen“ 30.757 Frauen und „polnischen Volkstums“ waren 12.168 Frauen.[6] Zum 30. September 1944 wurden insgesamt 134.167 in Schleswig-Holstein wohnende Ausländer ermittelt.


[1] Die Ergebnisse der Ausländererhebung vom 30. September 1944 (die ausländischen Arbeiter und Angestellten im Großdeutschen Reich, getrennt nach der Staatsangehörigkeit am 30. September 1944), in: Der Arbeitseinsatz im Großdeutschen Reich 1944, Nr. 11/12, S.4, S.10 und S.24, hrsg. vom „Beauftragten für den Vierjahresplan“ und dem „Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz“.

[2] Quellenkritische und methodische Anmerkungen: Die hier genannten Zahlen sind lediglich eine Stichtagserhebung. In den vorgelegten Statistiken werden teilweise unterschiedliche und nicht nachvollziehbare Zahlenangaben gemacht, so z.B. drei verschiedene Angaben für die Anzahl der Ausländerinnen im Deutschen Reich, die für den 30. September 1944 erfasst wurde: Auf S.4 werden 1.974.722 Frauen genannt, auf S.10 sind es 1.990.367 und auf S.24 steht die Zahl 1.954.762. Zu diesen drei Zahlenangaben wurde vom Autor der zugehörige Mittelwert berechnet (1.973.284) und anschließend auf Zehntausend gerundet. Dementsprechend sind am 30. September 1944 vom Arbeitsamt insgesamt 5.920.000 Ausländer erfasst worden. Darunter befanden sich 3.950.000 Männer. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang die unkritische Würdigung dieser Quelle durch Uwe Danker u.a. in der „Statuserhebung: Ausländer im ‚Arbeitseinsatz‘ in Schleswig-Holstein 1939 bis 1945“, in: ders. u.a. „Zwangsarbeitende in Schleswig-Holstein 1939 – 1945“, Bielefeld 2001, S.35: „Es gibt keinen begründeten Anlass, an der Zuverlässigkeit und Genauigkeit der für den internen Gebrauch erstellten Erhebungen der Arbeitsstatistiker zu zweifeln.“ Auch für Schleswig-Holstein wurde von denselben übersehen, dass es auf S.4 und S.24 unterschiedliche Zahlenangaben gibt.

[3] Die Zuordnung zu einzelnen Staaten ist für die östlich des Deutschen Reiches gelegenen Gebiete in Europa schwierig bzw. nicht möglich, da die deutschen Statistiker hierfür folgende Kategorien unterschieden haben: Altsowjetrussisches Gebiet (Ostarbeiter), Estland, Lettland, Litauen, Generalgouvernement und Bezirk Bialystok sowie Schutzangehörige des Großdeutschen Reiches.

[4] Die Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Polen werden in zwei Kategorien unterteilt: Arbeitskräfte polnischen Volkstums aus dem Generalgouvernement und dem Bezirk Bialystok (darunter 267.539 Frauen) und Arbeitskräfte polnischen Volkstums als Schutzangehörige des Großdeutschen Reiches (darunter 205.097 Frauen), die aber auch als Ausländer betrachtet wurden.

[5] Auch hier wieder unterschiedliche Zahlenangaben auf den Seiten 4 (49.076 Frauen) und 24 (49.311), die nicht näher begründet wurden. In diesem Fall wurde die zweite Möglichkeit (S. 14 und S.24 f.) ausgewählt, da sie mehr Möglichkeiten einer zahlenmäßigen Unterteilung bietet. In Schleswig-Holstein waren demnach am 30. September 1944 aus dem Ausland 49.311 Frauen und 84.856 Männer als Beschäftigte erfasst worden, also insgesamt 134.167 Personen.

[6] Der Arbeitseinsatz im Großdeutschen Reich (wie Anm. 6), S.14 Zeile 22, 27 und 30. Die Zahl 12.168 ergibt sich als Summe der Zahlenangaben in Zeile 27 und 30: Es werden hier 6.496 weibliche Arbeitskräfte polnischen Volkstums aus dem Generalgouvernement und dem Bezirk Bialystok und 5672 weibliche Arbeitskräfte polnischen Volkstums als Schutzangehörige des Großdeutschen Reiches genannt. Falsch sind dagegen die Zahlenangaben von Danker u.a (wie Anm. 7), S.45 Diagramm 5: Hier werden ohne Erklärung 12.435 Polinnen und 24.430 Polen genannt. Die Zahl 12.435 ergibt sich aus der (inhaltlich falschen) Addition der Zahlenangaben von Zeile 27 (6.496 weibliche Arbeitskräfte polnischen Volkstums aus dem Generalgouvernement und dem Bezirk Bialystok) und Zeile 29 (5.939 weibliche Arbeitskräfte als Schutzangehörige des Großdeutschen Reiches).